Pressekonferenz CSU/SPD/FDP/DU/JB am 11.01.2019
Verwahren sich gegen Vorwürfe der Oberbürgermeisterin, keinen Willen zur Zusammenarbeit zu haben: Die Fraktionsvorsitzenden Thomas Hacker FDP/DU), Stefan Specht (CSU), Thomas Bauske (SPD) und Stefan Schuh (JB).
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BAYREUTH. Die Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe hat in ihrer Jahrespressekonferenz die Rückkehr zu konstruktiver Zusammenarbeit im Stadtrat angemahnt. Die Mehrheit des Stadtrats – die sich die Gestaltungsmehrheit aus CSU, SPD, FDP/DU und JB nennt – spielt den Ball zurück. Sie wären zur Zusammenarbeit bereit, die OB allerdings habe ein falsches Amtsverständnis und sei „nicht mit dem Stadtrat auf Augenhöhe“.
Ungewöhnliche Zeit, ungewöhnlicher Ort: Am Freitag um 8 Uhr laden die Fraktionsvorsitzenden Stefan Specht (CSU), Thomas Bauske (SPD), Thomas Hacker (FDP/DU) und Stefan Schuh (JB) zum ersten Mal zu einem Pressegespräch, das eigentlich im zwölften Stock des Rathauses hätte stattfinden sollen. Im Gästeraum – es wird das Fraktionszimmer der CSU. „Nach Prüfung durch das Rechtsamt und die Regierung“, sagt Specht, habe man die Information bekommen, dass der – eigentlich freie – Gästeraum nicht zur Verfügung stehe.
Keine Koalition, ein Sachbündnis
Specht nennt den Zusammenschluss der Gruppierungen „keine Koalition, es ist ein Sachbündnis, das sich in allen wichtigen politischen Sachthemen zusammenschließt“. Es sei „das beste Beispiel einer Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg“. Und: „Wir laden die Oberbürgermeisterin gern ein, der konstruktiven Gestaltungsmehrheit beizutreten.“ Denn genau das ist aus Sicht der vier Fraktionsvorsitzenden das Hauptthema: „Ich habe in den viereinhalb Jahren im Stadtrat noch nicht erlebt, dass die Oberbürgermeisterin den Weg in die Fraktionen gegangen wäre, um Sachthemen voran zu treiben“, sagt Stefan Schuh. Der Oberbürgermeisterin fehle es „an Fokussierung und an der Führung“, bei Themen am Ball zu bleiben und die Fraktionen einzubinden. „Sie sieht sich als Chefin und nicht mit dem Stadtrat auf Augenhöhe.“
Reihe von Vorhaben wird nicht voran getrieben
Schuh zählt eine Reihe von Projekten auf, die er dem Wahl-Programm der BG entnommen hat: „Das Stadtarchiv steht seit 2008 in deren Programm. 2016 wurden die Vorplanungen aufgenommen. Die Unterstützung des Stadtrats ist da, wir haben einen Blankoscheck ausgestellt.“ Ebenso originäres BG-Thema: die Mainüberdachung. „Wir haben seit 2014 ein grandioses Jahr nach dem anderen. Es wird noch nicht einmal mit der Planung begonnen.“ Oder Rathaus II: Externe Gutachten wurden vergeben, „passiert ist nichts. Vor zweieinhalb Jahren hat es ein Gespräch mit dem Landrat gegeben wegen der Zulassungsstelle: Jetzt soll es wieder ein Gespräch geben“, sagt Schuh.
„In vollen Hosen ist gut stinken“
Thomas Hacker bringt die Situation der Stadt – „die herausragend ist in Oberfranken“ – auf diesen Nenner: „In vollen Hosen ist gut stinken.“ In den vergangenen sechs Jahren habe die Stadt annähernd 500 Millionen Euro Gewerbesteuern eingenommen, in den sechs Jahren davor waren es rund 250 Millionen. Im Vergleich dazu habe die Stadt nicht nur zu wenig Schulden abgebaut, sondern bei einem zu hohen Guthaben viel zu wenig investiert, was er im Sinne „einer klaren und richtigen Aufstellung des Haushalts“ stets angemahnt hatte.
Zu spät gegengesteuert?
Man müsse jetzt auch nicht wegen der „gestiegenen Bezirksumlage lamentieren“, sagt Specht, die ohnehin mit Blick auf die Rekord-Einnahmen von 2017 „ein Einmal-Effekt ist“, wie Schuh sagt. Dem man aber „nicht oder zu spät gegengesteuert hat“, indem man die eigenen Hebesätze rechtzeitig gesenkt hätte, wie Specht sagt. Die Höhe der Bezirksumlage „ist hausgemacht, das kann man nicht auf den Bezirk zurückführen“.
„Zwei Drittel arbeiten zum Wohl der Bürger schon zusammen“
Dass Merk-Erbe Zusammenarbeit des Stadtrats anmahne, gehe fehl, sagt Thomas Bauske. „Zwei Drittel des Stadtrats arbeiten zum Wohl der Bürger schon zusammen.“ Nicht zuletzt deshalb, weil der Stadtrat die Oberbürgermeisterin „zu gewissen Dingen drängen muss. Gerade Thomas Hacker ist es zu verdanken, dass er darauf gedrungen hat, Schulden abzubauen“. Brücken gebaut habe man nicht nur der Oberbürgermeisterin, sondern auch den kleinen Gruppierungen im Stadtrat, indem man die Geschäftsordnung überarbeitet habe: „Wir haben das gemacht, weil wir sie gelesen und verstanden haben“, sagt Bauske. Die Oberbürgermeisterin „macht nämlich zeitweise, was sie will. Die neue Geschäftsordnung ist ein Hilferuf nach einem geordneten Sitzungsablauf.“ Einige – „wie der Fraktionsvorsitzende der Oberbürgermeisterin“, wie Bauske sagt – dürften mehr als andere: „Immer reden, Einwürfe bringen, auch in ungewöhnlicher Form.“ Andere BG-Räte dürften „ungewöhnliche Sachen, wie Nachfragen bei Bekanntgaben bringen. Eine Ungleichbehandlung“.
„Verdrehtes Amtsverständnis“
Das Bild, die Gestaltungsmehrheit lasse die Oberbürgermeisterin mit Geschäftsordnungsanträgen bewusst vor die Wand laufen, sei falsch, sagt Specht auf Nachfrage. Allein am Beispiel des Falls Tobias Knoblich lasse sich das gut erklären: „Der Ablauf macht das Problem deutlich“, sagt Specht. Man habe sowohl Merk-Erbe als auch Knoblich „vorab kommuniziert, dass wir eine erneute Anhörung als verzichtbar ansehen. Ihr war klar, dass eine Mehrheit des Stadtrats dagegen ist“. Dennoch, sagt Specht, habe sie „aufgestampft und gesagt, ich mache die Tagesordnung“. Das sei „kein Wedeln mit der Geschäftsordnung“ aus den Reihen des Stadtrats. Das sei, sagt Specht, „verdrehtes Amtsverständnis. Sie meint, der Schwanz wedelt mit dem Hund“. Der Stadtrat, sagt Bauske, stelle Merk-Erbe keine Fallen. „Sie versteht es nur nicht.“
„Zusammenarbeit ist keine Einbahnstraße“
Unterm Strich, sagt Stefan Schuh, gebe es keine Vorbehalte, es müsse um Sachthemen gehen: „Zusammenarbeit ist keine Einbahnstraße, sie beruht auf Gegenseitigkeit.“
Aus online Nordbayerischer Kurier vom 11.01.2019 – Redakteur Eric Waha