Haushaltsrede 2021 des CSU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Stefan Specht anläßlich der Haushaltsverabschiedung

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herrn Referentinnen und Referenten, liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bayreutherinnen und Bayreuther im Zuschauerraum und im Livestream,

auch wenn die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden traditionell immer auch eine Gelegenheit zur grundsätzlichen kommunalpolitischen Positionsbestimmung sind, möchte ich mich heuer Corona-bedingt kurzfassen und meine Ausführungen auf einige wesentliche Anmerkungen beschränken, die meiner Fraktion wichtig sind.

I. Nach einem guten Dreivierteljahr Ihrer Amtszeit ist dies, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Ihr erster Haushaltsentwurf, den Sie dem Stadtratsgremium vorlegen, und es wird voraussichtlich einer der letzten sein, in dem wir noch einigermaßen komfortabel disponieren können.
Über 95 Mio. Euro Liquiditätsreserven erlauben es uns, sowohl kräftig zu investieren als auch den Schuldenstand unserer Stadt auf ein historisch niedriges Rekordmaß von deutlich unter 60 Mio. Euro zum Jahresende zu drücken.
Dabei möchte ich aber gleich zu Beginn jeder Legendenbildung vorbeugen und allen sich bereits abzeichnenden Glorifizierungsbemühungen der Amtszeit von Frau Oberbürgermeisterin Merk-Erbe entschieden widersprechen:
Es ist zwar zutreffend, dass nach Abzug gewisser Sondereffekte ein großer Teil unserer Liquiditätsreserven aus der Amtszeit Ihrer Amtsvorgängerin herrühren, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister.
Aber es ist ausdrücklich falsch, dass dies eine besonders solide Ausgangsbasis für die kommenden 5 ¼ Jahre Ihrer Amtszeit wäre.
Denn der Großteil der heute vorhandenen Liquiditätsreserven ist lediglich auf einen über acht Jahre hinweg aufgebauten, massiven Investitionsstau zurückzuführen, der mangels investiver Ausgaben ganz zwangsläufig unsere Liquidität explodieren ließ.
Oder, um es etwas plastischer zu formulieren:
„Wer nichts tut und wer nichts ausgibt, der spart ganz automatisch“ Genauso gilt aber auch:
„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ oder auch einfach gesagt:
„Stillstand ist Rückschritt!“
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass wir nun alle gemeinsam den über Jahre aufgelaufenen Investitionsstau abzubauen und abzuarbeiten haben.
Glücklicherweise haben wir inzwischen die Prioritätenliste aller Baumaßnahmen, an denen wir uns entlanghangeln können.
Dabei müssen wir bereits jetzt feststellen, dass heute eingeleitete Maßnahmen allein aufgrund der zwischenzeitlich exorbitant gestiegenen Baukosten nun einen deutlich höheren Finanzaufwand erfordern als es noch vor Jahren nötig gewesen wäre.
Der Neubau einer gewerblichen Berufsschule oder eines Stadtarchivs kosten uns eben in den kommenden Jahren deutlich mehr als wir hätten aufbringen müssen, wenn wir die entsprechenden Projekte bereits in der Vergangenheit abgearbeitet und realisiert hätten.
Insoweit tragen Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, nun in der Tat eine gewichtige „Erbe-Last“, die unsere Stadt in den nächsten Jahren noch sehr, sehr viel Geld kosten wird!
Als ein Beispiel nenne ich nur die Graserschule: Die von uns anfangs präferierte neue, moderne Schule auf dem Gartengrundstück an der Cottenbacher Straße könnte heute schon bezugsfertig sein. Stattdessen wurde
-nach dem anderslautenden Bürgerentscheid- bis heute noch nicht einmal mit der Sanierung des Altbaus begonnen, die für uns wie für die Lehrkräfte und Schüler wohl noch sehr viele Überraschungen bereithalten wird.
Aber all die Hausaufgaben, die in den vergangenen Jahren leider versäumt wurden, werden wir nun gemeinsam erledigen, und dafür müssen wir eben in den kommenden Jahren alle zusammen etwas nachsitzen.

II. Diese künftigen Aufgaben betreffen sowohl eine ganze Reihe von investiven Fortführungsmaßnahmen, allen voran unser neues Friedrichsforum, das nun mit aller Energie und Tatkraft vorangetrieben werden und zu einem alsbaldigen guten Abschluss geführt werden muss.
Es betrifft aber auch eine Fülle von notwendigen neuen Maßnahmen, für die im nun zur Verabschiedung anstehenden Haushalt die entscheidenden Weichen gestellt werden.
Natürlich fallen hier zunächst die kleineren Investitionsmaßnahmen im Hochbaubereich auf, wie etwa die Container der Grundschule Meyernberg, der Schwarz-Weiß-Bereich im Bauhof, das dringend erforderliches öffentliches WC am Chamberlain-Haus und verschiedene Maßnahmen am Hans-Walter-Wild-Stadion.
Wir müssen uns aber auch Gedanken machen, welche Konsequenzen wir für unsere Bevölkerung aus der Corona-Pandemie ziehen. Für uns steht dabei fest, dass wir ein deutliches Signal in Hinblick auf eine verstärkte Förderung der Bedürfnisse von Familien mit Kindern senden müssen. Deshalb freuen wir uns sehr, dass heuer endlich der Mensa-Neubau der KiTa Windrad in Grunau realisiert werden kann und sind glücklich, dass es nun auch mit dem Kinderhort Lerchenbühl vorangeht. Auch etwa das Projekt Familienstützpunkt Bayreuth hat vor diesem Hintergrund für uns ganz besondere Bedeutung.
Neben diesen kleineren Maßnahmen ist es uns wichtig, dass wir mit diesem Haushalt vor allem die Ampeln für eine ganze Reihe größerer, wichtiger und dringlicher neuer Maßnahmen auf „grün“ stellen, die für den Schul-, Bildungs- und Wirtschaftsstandort Bayreuth unabweisbar notwendig sind:
Die Gewerbliche Berufsschule etwa ist für den Ausbildungs- und Wirtschaftsstandort Bayreuth von besonderer Bedeutung. Bei allem Ringen um die bestmögliche und vor allem auch finanzierbare Lösung hat sich die CSU- Fraktion immer und von Anfang an klar zur Berufsschule I bekannt. Auch wenn
insbesondere hinsichtlich der verbesserungswürdigen Zuschusssituation noch ein schweres Stück Arbeit vor uns liegt, ist es wichtig, in diesem Jahr die Detailplanungen definitiv abzuschließen, damit im kommenden Jahr in die zügige Umsetzung eingetreten werden kann.
Das Regionale Gründer- und Innovationszentrum ist ein wichtiger Impulsgeber für unsere gesamte Region und ein bedeutender Faktor zur Generierung neuer und zukunftsträchtiger Arbeitsplätze. Wir rufen diejenigen Stadtratsfraktionen, die das noch kritisch sehen, aber auch die Bayerische Staatsregierung auf, dieses Projekt uneingeschränkt zu unterstützen und massiv voranzutreiben, damit es in den nächsten Jahren baldmöglich seine Arbeit am endgültigen Standort aufnehmen und sich -wie in anderen Regionen bereits nachgewiesen- zu einem echten regionalen Job-Motor entwickeln kann.
Unser neues Stadtarchiv schließlich brennt uns ebenfalls bereits seit vielen Jahren auf den Nägeln. Nicht auszudenken, wenn etwa im bisherigen Domizil Bürgerspital aufgrund völlig unzureichender Brandschutzmaßnahmen Feuer ausbrechen und die archivierte Seele unserer Stadt unwiederbringlichen Schaden nehmen würde!
Gut, Herr Oberbürgermeister, dass es auch hier nun endlich los geht!
Und letztlich ist es auch wichtig, dass wir heuer Sanierung und Neubau des Richard-Wagner-Gymnasiums auf den Weg bringen. Auch dies ist ein Projekt, das – wie alle dringlich erforderlichen Schulbauinvestitionen – im Interesse unserer Kinder dringend geboten ist, um die Anforderungen an den attraktiven und zukunftsfähigen Schulstandort Bayreuth zu erfüllen.
Schließlich erfordert auch der dringend notwendige Abbau der erheblichen Defizite bei der Digitalisierung unserer Verwaltung durch unser neues
Digitalisierungskonzept namhafte zusätzliche Investitionsmittel, die wir ebenfalls aufbringen müssen.

III. Dabei dürfen wir uns aber nichts vormachen: Die Umsetzung all dieser Maßnahmen, aber auch der Abschluss aller Fortführungsmaßnahmen wie Friedrichsforum, Albert-Schweitzer-Schule, Grundschule Meyernberg und auch die bereits genannte Graserschule, die vorgesehenen Maßnahmen am Klinikum Bayreuth oder die dringend gewünschten Aufwendungen in den wichtigen Bereichen Umwelt- und Naturschutz, um nur einige wenige Schwerpunkte zu nennen, werden in den nächsten Jahren nach dem Verzehr unserer Liquiditätsreserven unmittelbar und 1 : 1 auf die Verschuldung unserer Stadt durchschlagen.
So müssen wir nach bisherigem Stand damit rechnen, dass die Städtische Verschuldung bis zum Jahr 2024 auf voraussichtlich über 180 Mio Euro ansteigen wird.
Bereits jetzt weise ich deutlich darauf hin, dass diese Entwicklung nicht das Ergebnis irgendeiner Misswirtschaft oder fehlgeleiteter Ausgabenpolitik sein wird, sondern die klare Folge heutiger Investitionsentscheidungen für mehrheitlich als notwendig erachtete Projekte, die wir alle gemeinsam getroffen haben.
Umso mehr gilt, dass wir uns als Stadt Bayreuth klar als wirtschafts- und unternehmerfreundlichen Standort mit möglichst geringer Steuer- und Abgabenlast für Bürgerschaft und Unternehmen profilieren sollten, ohne unsere
wichtigen Aufgaben etwa im Sozialen und Umweltschutzbereich zu vernachlässigen.
Gerade letztere Bereiche halten mit der beabsichtigten Erstellung und Umsetzung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes, unserem Sofortprogramm für den Radverkehr und mit einer ganzen Reihe von ökologischen Maßnahmen zur Stadtbegrünung und Klimaverbesserung besondere Wachstumspotenziale bereit, von denen gerade unsere heimische Wirtschaft gut profitieren wird.
Ähnliches gilt für unsere umfangreichen Maßnahmen und Aktivitäten zur Verbesserung der Wohnraumsituation in Bayreuth. So entwickeln wir mit HUGO 49, dem Wohnpark am Röhrensee und dem Gelände der früheren Röhrenseekaserne, auf dem ehemaligen Zapf-Gelände und dem Areal der Deutschen Post zusammen mit unseren bewährten Bayreuther Wohnungsbaugesellschaften, aber auch mit externen Partnern großflächig attraktive Wohnbaugebiete, die überwiegend mit Geschosswohnungsbau einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Wohnungssituation in unserer Stadt leisten werden.
Neben der wichtigen innerstädtischen Verdichtung mit geschoss- und Mehrfamilienwohnungsbau werden wir aber auch weiterhin kleinere Wohngebiete für Reihen- und Einfamilienhäuser entwickeln, weil wir –anders als die Grünen– nicht durch ein ideologisch motiviertes Einfamilienhausverbot billige Klientelpolitik betreiben wollen. Uns geht es nicht darum, einer saturierten Gutmenschen-Wählerschaft durch ein zukünftiges Einfamilienhaus- Bauverbot zur Wertsteigerung ihres bereits erworbenen Immobilienbesitzes zu verhelfen; nach unserer Auffassung muss es vielmehr auch in Zukunft für Normalverdiener möglich sein, ein Einfamilienhaus in der Stadt Bayreuth bauen zu können, um eine Verdrängung der Bauwerber in den Landkreis zu vermeiden und damit ökologisch völlig unsinnige, mutwillig provozierte Verkehrsströme von vorneherein zu unterbinden.
Die von uns beantragte Fortsetzung des ISEK sollte uns darüber hinaus gemeinsam mit dem Landkreis eine neue Perspektive der abgestimmten Flächennutzung zwischen Stadt und Landkreis bringen. Hier geht es nicht nur um Wohnflächen, sondern auch um neue Gewerbegebiete, bei denen wir ja im wahrsten Sinne des Wortes an unsere Grenzen stoßen.
Auch die Bildung eines von uns beantragten gemeinsamen Regionalausschusses wäre ein weiteres Instrument, mit dem wir nicht nur die Kommunikation mit dem Kreistag verbessern können, sondern auch eine engere Verzahnung in der Regionalplanung erreichen.
Im kulturellen Bereich sind wir – trotz der bedauerlichen Corona-bedingten Absage der Bayreuther Festspiele im letzten Jahr – bisher mehr als glimpflich durch die Pandemie gekommen. Dem überaus großen Engagement unserer vielfältigen Bayreuther Kulturszene und der unbürokratischen Kreativität unserer städtischen Kulturverwaltung ist es zu danken, dass Bayreuth im vergangenen Sommer trotz Corona kulturell massiv präsent war.
Mit unserer neuen Festspielreihe „Bayreuth-Baroque“ im Markgräflichen Opernhaus ist es darüber hinaus gelungen, in schwierigster Zeit aus dem Stand heraus ein absolut hochkarätiges und weltweit vielbeachtetes Festival aus der Taufe zu heben. Unser Ehrgeiz für das kommende und auch die folgenden Jahre ist es, dieses Festival durch Einbeziehung weiterer Partner zu verstetigen und zusammen mit bewährten, aber auch neuen Initiativen die Kulturstadt Bayreuth auch in der Nach-Corona-Zeit kräftiger zum Leuchten zu bringen denn je.
Dankbar und glücklich sind wir, dass durch viel bürgerschaftliches Engagement die „Reichshof Kulturbühne“ als weitere Spielstätte zur Verfügung steht. Auch hier sind bereits viele Veranstaltungen, u.a. die Kinderoper der Bayreuther Festspiele geplant, die für eine weitere Belebung der Innenstadt in schwieriger Zeit sorgen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ähnliches gilt auch für den Bereich des Sports. Hier stehen mit dem weiteren Ausbau des Hans-Walter-Wild- Stadions große Aufgaben vor uns. Für das Reizthema „Rasenheizung“ brauchen wir eine wirtschaftliche und vor allem ökologisch sinnvolle kreative Lösung.
Losgehen muss es endlich mit der neuen Basketball-Trainingshalle.
Aber auch über unser Eisstadion müssen wir uns verstärkt Gedanken machen. Und nachdem wir seit vielen Jahren immer wieder den lange ausstehenden Sportentwicklungsplan angemahnt hatten, liegt er nun dank entsprechenden Einsatzes des neuen Oberbürgermeisters vor. Mit ihm können wir nun unser sportpolitisches Engagement in schlüssige, konsequente Umsetzungskonzepte übertragen und diese schrittweise realisieren.

IV. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gäbe noch viele Themenbereiche, Aufgaben und Ziele anzusprechen, denen wir uns auch in diesem und den folgenden Jahren widmen müssen.
Die haushalterische Situation in den nächsten Jahren wird nicht einfacher. Umso mehr freuen wir uns, dass heuer gerade in der Pandemiesituation die zusätzliche Unterstützung unserer Vereine und die erneute und ungekürzte Bewilligung der freiwilligen Leistungen sichergestellt werden konnte. Das gibt notwendige Planungssicherheit und stabilisiert wichtiges ehrenamtliches Engagement in unserer Stadt, für das gar nicht genug zu danken ist.
Dank zu sagen ist aber auch hausintern:
Allen voran unserem Finanzreferenten Michael Rubenbauer, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Finanzreferat und der Kämmerei, die regelmäßig im Zusammenhang mit der Haushaltsaufstellung, aber auch den intensiven Haushaltsberatungen Enormes zu leisten haben; aber auch allen anderen Referentinnen und Referenten, unseren Dienststellenleitern mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur für die alljährlich schwierige Vorbereitung im Vorfeld der Haushaltsaufstellung, sondern auch darüber hinaus für die ganzjährig gute, professionelle und immer aufgeschlossene Zusammenarbeit. Dafür ausdrücklich vielen herzlichen Dank!
Quasi ein haushaltsunabhängiger „Sonderdank“ gebührt dem Referenten für öffentliche Sicherheit und Ordnung, Ulrich Pfeifer, zusammen mit seinem ganzen Team, der Führungsgruppe Katastrophenschutz, dem staatlichen Gesundheitsamt und unserem Klinikum mit der gesamten ärztlichen und pflegerischen Belegschaft, sowie allen beteiligten Mitarbeitern der Stadt, die umsichtig, kreativ und höchst professionell die enormen täglichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie meistern!
Dank gilt aber auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Stadtratsgremium. Auch wenn in manchen Debatten gelegentlich noch leichte
„Nach-Wahlkampf-Schärfe“ aufblitzt, empfinde ich unsere Zusammenarbeit doch im Großen und Ganzen als offen, fair und kollegial. Dafür ebenfalls herzlichen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird Sie nicht überraschen:
Die CSU-Stadtratsfraktion stimmt dem Haushaltsentwurf 2021 in der nunmehr gemeinsam erarbeiteten Form zu.
Vielen herzlichen Dank!

Kategorisiert in: | Veröffentlicht am: 17.03.2021 um 18:01 Uhr